So aufregend wird das Wiener Kunstjahr 2022

Museum mit Wow-Effekt

Dieser Neuzugang auf der Museen-Landkarte wird zu Recht mit großer Spannung erwartet. Mitten in Wien entsteht derzeit ein völlig neues Museum, das voraussichtlich ab Frühjahr 2022 mit der Heidi Horten Collection eine der hochkarätigsten Privatsammlungen Europas beheimaten wird. Kunstmäzenin Heidi Goëss-Horten, eine von weltweit nur wenigen Museumsgründerinnen, trägt seit 30 Jahren einen beeindruckenden Querschnitt der Kunstgeschichte von der klassischen Moderne bis zur Gegenwart zusammen – mit Werken von Gustav Klimt, Egon Schiele, Pablo Picasso, Andy Warhol, Marc Chagall und Gerhard Richter.

Einziehen wird die außergewöhnliche Sammlung in das Stöcklgebäude im Hanuschhof, ein Innenstadt-Palais genau zwischen Wiener Staatsoper, Albertina und Burggarten gelegen. Seit Sommer 2020 wird das Gebäude aufwändig renoviert: Das Innere wurde komplett ausgehöhlt, die Fassade saniert und begrünt. Auf drei versetzten, vermeintlich schwebenden Ebenen können künftig 1.500 m2 Ausstellungsfläche bespielt werden. Auch die zeitgenössische Kunst soll eine wichtige Rolle im neuen Museum spielen.

Hanuschgasse 3, 1010 Wien, www.hortencollection.com

Heidi Horten Collection © the next ENTERprise architects
Heidi Horten Collection © the next ENTERprise architects

Highlight zur Wiedereröffnung

Das Untere Belvedere, die einstige Sommerresidenz Prinz Eugens am Wiener Rennweg, ist ein imposanter Teil der barocken Schlossanlange des Belvedere, der in Kürze nach einer Generalüberholung wieder seine prachtvollen Tore für die Museumsbesucher:innen öffnen wird. Das 1716 fertiggestellte Gebäude mit seinen wunderbaren Prunkräumen wurde während der letzten Monate auf den neuesten Stand internationaler Museumsstandards gebracht. Ein gastronomisches Angebot sowie die Sanierung und Verbesserung der Barrierefreiheit und der Technik sollen ein Museumserlebnis auf höchstem Niveau garantieren. Aufgrund der Pandemie wurde umfassender saniert als zunächst geplant.

Ende Januar 2022 wird mit einer Highlight-Ausstellung wiedereröffnet. Diese beleuchtet den besonderen Einfluss, den der Wiener Psychoanalytiker Sigmund Freud auf den spanischen Surrealismus-Maler Salvador Dalí ausgeübt hat.

Rennweg 6, 1030 Wien, www.belvedere.at

Medizingeschichte neu

Nach einer Generalsanierung wird 2022 auch das Josephinum, das die Sammlungen der Medizinischen Universität Wien beherbergt, im 9. Bezirk wiedereröffnen. Das denkmalgeschützte Gebäude aus dem 18. Jahrhundert wird seit 2019 zu einem medizinhistorischen Museum um- und ausgebaut. In erster Linie soll der Originalzustand des Baujuwels des Klassizismus wiederhergestellt werden. So wird etwa das Herzstück des Josephinums – ein historischer, neun Meter hoher Hörsaal – rückgebaut. Auch der Vorplatz und der Eingangsbereich werden neugestaltet.

Das Josephinum wurde 1785 von Kaiser Joseph II. als militärisch-chirurgische Akademie gegründet, um Ärzt:innen und Hebammen auszubilden. Es verfügt über eine europaweit einzigartige medizinhistorische Sammlung. Künftig sind mehrere Dauerausstellungen geplant.

Währinger Straße 25, 1090 Wien, www.josephinum.ac.at

Neue Alte Post

Im Stubenviertel in der Wiener Innenstadt entsteht gerade ein neuer öffentlicher (Kultur-)Raum, womit Wien künftig einen weiteren kosmopolitischen Hotspot erhalten wird. Die Alte Post wird zu einem Lebendigen Haus, so der Projektname, umfunktioniert. Der riesige Gebäudekomplex, der von 1850 bis 2011 der österreichischen Post als Zentrale diente, wird umfassend renoviert und künftig gemischt genutzt. Untergebracht werden Wohnungen, Geschäfte, Gastronomie, Büros, Coworking Spaces sowie kulturelle Angebote.

Der Künstler und Wahrnehmungsforscher sha und sein Wiener Kreativteam sind für die künstlerische Gestaltung verantwortlich. Derzeit entsteht eine neue Art von zeitgenössischem Museum an verschiedenen Stellen des historischen Gebäudes. Ein mehrdimensionales Medienkunstwerk im Dominikanerhof verspricht Spannung, es möchte eine immersive 360-Grad-Experience für alle Sinne bieten. Nach und nach werden Bereiche des Komplexes fertiggestellt und bezogen. Das Kulturangebot soll ab Sommer/Herbst 2022 zugänglich sein – kostenlos und rund um die Uhr.

Dominikanerbastei 11, 1010 Wien, www.sha-art.com

Museum für eine Pionierin

Margarete Schütte-Lihotzky, eine echte Wiener Vorreiterin, wird 2022 museal geehrt. Ihre letzte Wohnung in Wien Margareten, die die Architektin nach ihren Vorstellungen geplant und drei Jahrzehnte lang bewohnt hat, wird derzeit saniert und rekonstruiert. Die seit kurzem unter Denkmalschutz stehende Wohnung (mit 55 m2 Fläche plus 35 m2 Terrasse) soll ab Sommer 2022 für Besucher:innen zugänglich sein. Das sogenannte Schütte-Lihotzky-Zentrum soll einmal pro Woche öffnen und in Kooperation mit dem Architekturzentrum Wien (Az W) bespielt werden.

Die 2000 in Wien kurz vor ihrem 103. Geburtstag verstorbene Schütte-Lihotzky hat ihre Zeit nachhaltig geprägt. Als Pionierin des sozialen Wohnbaus, Verfechterin der Frauen- und Friedensbewegung und Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus ist sie unvergessen. Die Erfindung der Einbauküche im Jahr 1926, bekannt als Frankfurter Küche, war ein Meilenstein. Darauf wollte die Adolf-Loos-Schülerin aber nie reduziert werden.

Franzensgasse 16/40, 1050 Wien, www.schuette-lihotzky.at

Große Ausstellungen in Wien 2022

Für das Jahr 2022 haben Wiens weltberühmte Kunsttempel wieder zahlreiche faszinierende Ausstellungen geplant. Ein chronologischer Überblick der Highlights des Ausstellungs-Jahres.

15.12.-19.6.2022: Josef Hoffmann. Fortschritt durch Schönheit / MAK – Museum für angewandte Kunst 

Das MAK feiert mit einer großen Sonderschau den 150. Geburtstag von Josef Hoffmann (1870-1956). Erstmals wird anhand von rund 1.000 Exponaten das Gesamtwerk des Architekten, Designers, Lehrers und Ausstellungsmachers umfassend beleuchtet. Thematisiert werden einige seiner wichtigsten Arbeiten, wie das Palais Stoclet in Brüssel oder das Sanatorium Purkersdorf. Mit seinen revolutionären Designs und Bauten hat der Mitbegründer der Wiener Secession und der Wiener Werkstätte neue Standards gesetzt.

MAK – Museum für angewandte Kunst, Stubenring 5, 1010 Wien, www.mak.at

28.1.-29.5.2022: Dalí – Freud. Eine Obsession / Unteres Belvedere 

Salvador Dalís weltberühmtes, surrealistisches Werk ist geprägt von der Anziehungskraft, die einst Sigmund Freud auf ihn ausübte. 1938 traf Dalí den aus Wien geflohenen Freud in London, die Verbindung war folgenreich: Rund 100 Werke – Gemälde, Skulpturen, Fotografien, Filme, Bücher, Zeitschriften und Briefe – zeigen, was passiert, wenn Psychoanalyse auf Surrealismus trifft. Eine Sonderausstellung zur Wiedereröffnung des Unteren Belvedere!

Unteres Belvedere, Rennweg 6, 1030 Wien, www.belvedere.at

Ab 3.2.2022: Hot Questions – Cold Storage. Die neue Schausammlung des Architekturzentrum Wien / Az W 

Österreichs einziges Architekturmuseum wartet ab 2022 mit einer neuen Schausammlung auf. Ihr Herzstück: Sieben thematische Kapitel, wobei jedem eine „heiße Frage“ der Gegenwart vorangestellt wird. Modelle, Zeichnungen, Möbel, Stoffe, Dokumente und Filme dokumentieren das Baugeschehen des Landes mit all seinen kulturellen, sozialen, ökonomischen und technischen Auswirkungen. Das Themenspektrum ist breit: Vom Roten Wien bis zu aktuellen Themen, die ökologische und gendergerechte Fragen diskutieren.

Az W – Architekturzentrum Wien, MuseumsQuartier, Museumsplatz 1, 1070 Wien, www.azw.at

10.2.-19.6.2022: David Hockney: INSIGHTS. Reflecting the Tate Collection / Bank Austria Kunstforum Wien 

Erstmals wird dem britischen Künstler David Hockney in Österreich eine umfassende Werkschau gewidmet. Hockney, einer der facettenreichsten und einflussreichsten Künstler der Gegenwart, experimentiert seit sechs Jahrzehnten mit den Medien Malerei, Zeichnung und Grafik. Seine Hauptwerke „The First Marriage“ (1962), „Mr and Mrs Clark and Percy“ (1970-1971) und „My Parents“ (1977) kommen für diese Ausstellung aus der Sammlung der Tate von Großbritannien nach Wien.

Bank Austria Kunstforum Wien, Freyung 8, 1010 Wien, www.kunstforumwien.at.

18.2.-19.6.2022: Edvard Munch. Im Dialog / Albertina 

Nach den Rekordausstellungen zu Edvard Munch (1863-1944) in den Jahren 2003 und 2015 stellt die Albertina das Werk des großen norwegischen Malers im Frühjahr 2022 erneut in den Mittelpunkt. Die Schau konzentriert sich in erster Linie auf seine späten Arbeiten. Sie zeigt rund 60 Meisterwerke Munchs gemeinsam mit weiteren Größen des 20. Jahrhunderts wie Andy Warhol und Georg Baselitz sowie zeitgenössischen Künstler:innen wie Marlene Dumas, Peter Doig, Miriam Cahn und Tracey Emin.

Albertina, Albertinaplatz 1, 1010 Wien, www.albertina.at

9.3.-27.3.2022: FOTO WIEN / verschiedene Locations 

Im März macht das alle zwei Jahre stattfindende Festival FOTO WIEN wieder die große Bandbreite der Fotografie in Wien sichtbar. Organisiert und kuratiert vom Kunst Haus Wien, finden mehr als 160 Ausstellungen und Veranstaltungen in den teilnehmenden Museen, Galerien, Projekträumen und Billboards im öffentlichen Raum statt. Inhaltliche Schwerpunkte des Festivals: „Rethinking Nature“ und „Female Photographers“.

12.3.-20.8.2022: The Air. Luft, Atem und Wind in der zeitgenössischen Kunst / Kunst Haus Wien 

Darüber hinaus thematisiert das Kunst Haus Wien im Frühjahr das Thema „Luft“. Die Ausstellung vereint rund 20 zeitgenössische, internationale künstlerische und fotografische Positionen, die sich mit unterschiedlichen Aspekten von Luft, Atem und Wind auseinandersetzen.

Kunst Haus Wien, Untere Weißgerberstraße 13, 1030 Wien, www.kunsthauswien.com und www.fotowien.at

16.3.-26.6.2022: Ai Weiwei. In Search of Humanity / Albertina modern 

Die Albertina modern widmet dem chinesischen Künstler und Aktivisten Ai Weiwei 2022 die erste umfassende Museumsausstellung in Wien. Im Fokus: der Aspekt der Menschlichkeit und künstlerischen Verantwortung im Werk Ai Weiweis. Die Schau zeigt Arbeiten aus der beinahe vier Jahrzehnte währenden Karriere des Künstlers. Begriffe wie Überwachung, Zensur, Menschenrechte und Meinungsfreiheit werden genauer betrachtet.

Albertina modern, Karlsplatz 5, 1010 Wien, www.albertina.at/albertina-modern

18.3.-1.11.2022: Lebensnah. Realistische Malerei von 1850 bis 1950 / Oberes Belvedere 

Ist alles lebensnah, was uns realistisch erscheint? Eine besondere Ausstellung geht dieser Frage nach und zeigt Gemälde, die für eine lebensnahe Darstellung stehen und als Spiegel ihrer sozialen Umwelt gelten. Zu sehen sind mehrere selten ausgestellte Werke wie Édouard Frédéric Wilhelm Richters „Orientalin“ (um 1875), Emanuel Baschnys „Lesender Mann“ (1905), Erich Miller-Hauenfels’ „Hof zwischen Großstadthäusern“ (1934) sowie Gustav Klimts „Bildnis der Mathilde Trau“ (um 1893).

Oberes Belvedere, Prinz-Eugen-Straße 27, 1030 Wien, www.belvedere.at

25.3.-10.7.2022: Alfred Kubin. Bekenntnisse einer gequälten Seele / Leopold Museum 

Im Frühjahr steht Alfred Kubin (1877-1959) im Leopold Museum im Fokus. Die Themen in der Kunst des österreichischen Zeichners, Illustrators und Autors scheinen aktueller denn je zu sein: Gewalt, kriegerische Zerstörung, Seuchen, Naturkatastrophen, Manipulation der Massen und andere Abgründe des menschlichen Seins.

14.10.2022-27.2.2023: Tilla Durieux. Eine Jahrhundertzeugin und ihre Rollen / Leopold Museum 

Im Herbst wird das schillernde Leben von Tilla Durieux (1880-1971) beleuchtet. Der in Wien geborene Theater- und Filmstar, sie galt als am meisten porträtierte Frau ihrer Epoche, saß unzähligen Künstler:innen Modell: Auguste Renoir, Oskar Kokoschka, Max Oppenheimer oder Lotte Jacobi. Seltenes Archivmaterial und Leihgaben aus anderen Museen und Privatsammlungen zeichnen eine außergewöhnliche Karriere nach.

Leopold Museum, MuseumsQuartier Wien, Museumsplatz 1, 1070 Wien, www.leopoldmuseum.org

13.5.-2.10.2022: Das Tier in Dir – Kreaturen aus (und außerhalb) der mumok Sammlung / mumok 

Welche Rolle spielen Tiere in der bildenden Kunst? Dieser Frage geht das mumok im Jahr 2022 nach. Die Frühjahrsausstellung beleuchtet die Anziehungskraft, die von Tieren ausgeht und möchte damit Themen wie Dominanz und Herrschaft beleuchten.

22.10.2022-21.1.2024: On Stage / mumok 

Außerdem feiert das mumok 2022 mit einer Sonderausstellung seinen 60. Geburtstag: „On Stage“ widmet sich theatralen und bühnenbezogenen Darstellungsformen in der Kunst seit den 1960er Jahren. Damals traten verstärkt performative und aktionistische Kunstformen auf, die den Künstler:innen oft vor versammeltem Publikum bühnenartige Präsenz verliehen.

Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien, MuseumsQuartier Wien, Museumsplatz 1, 1070 Wien, www.mumok.at

19.5.-23.10.2022: Augenblick! Straßenfotografie in Wien / Wien Museum MUSA 

Wie sah der Alltag der Wiener:innen auf den Straßen der Stadt von den 1860er-Jahren bis heute aus? Diese Ausstellung dokumentiert durch faszinierende, noch nie gezeigte Bilder zahlreiche Augenblicke des urbanen Lebens und gewährt einen Blick auf eine sich verändernde Großstadt. Sie ist Portrait der Stadt und fotografische Entdeckungsreise in einem. Diese reicht von der frühen Stadtfotografie bis zum modernen Instagram-Zeitalter.

Wien Museum MUSA, Felderstraße 6-8, 1010 Wien, www.wienmuseum.at

20.9.2022-8.1.2023: Artistic Rivalry. Cellini, Rubens, Goya / Kunsthistorisches Museum Wien 

Seit jeher prägt das Prinzip des Wettstreits die Arbeit von Künstler:innen. Gewetteifert wurde stets untereinander, mit historischen Vorbildern, aber auch zwischen den Auftraggeber:innen der Kunst. Die große Herbstausstellung des KHM thematisiert bedeutsame Duelle und Duette der Kunstgeschichte. Werke aus der Antike, Renaissance und Barock werden gegenübergestellt, viele von ihnen werden erstmals in Österreich gezeigt.

18.10.2022-29.1.2023: Im Glanz der kaiserlichen Sammlung. Meisterwerke aus der Al Thani Collection / Kunsthistorisches Museum Wien 

Ab Herbst präsentiert das Museum auch eine der prestigeträchtigsten Privatsammlungen. 250 Exponate – von der Antike bis in die Gegenwart – zusammengetragen von Sheik Hamad bin Abdullah Al Thani werden in einen spannenden Dialog mit der kaiserlich-habsburgischen Sammlung eintreten. Zu den wertvollen Objekten zählt z. B. eine Smaragdbrosche des 18. Jahrhunderts aus dem Besitz von Katharina der Großen.

Kunsthistorisches Museum Wien, Maria-Theresien-Platz, 1010 Wien, www.khm.at

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